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Kontrollverlust

Rund ein Prozent der Menschen in der Schweiz erkrankt im Lauf des Lebens an Schizophrenie. In einem Interview in der Schweizer Hausapotheke (Nr. 8/2021) erklärt Dr. Robert Maier wie sich die Erkrankung äussert, was dahintersteckt und wie sie sich behandeln lässt.

09.12.2021

Kontrollverlust

Herr Dr. Maier, wie macht sich eine Schizophrenie bemerkbar?
Oft entwickelt sich die Krankheit schleichend. Das Umfeld nimmt wahr, dass sich der oder die Betroffene im Denken, Fühlen und Handeln verändert. Zum Beispiel bemerkt ein Vater, dass seine Tochter anders ist, weniger schläft, ihm ungewöhnliche Fragen stellt, sich ablehnend verhält und abwesend wirkt. Mit der Zeit können Wahnvorstellungen dazu kommen, und sie glaubt zum Beispiel, dass sich etwas Grosses am Tun ist und die Regierung sich gegen die Menschen verschwört. Der Vater spürt, dass diese Vorstellungen eigentlich nicht zur Realität seiner Tochter passen. Die Themen nehmen jedoch mehr und mehr Raum ein und eine Diskussion ist nicht mehr möglich, weil die Tochter andere Meinungen nicht mehr reflektieren kann. In der Folge zieht sie sich sozial immer mehr zurück, weil sie realisiert, dass ihr andere nicht glauben. Sie ist aber überzeugt, dass grosse Mächte am Wirken sind, die sie komplett beeinflussen.

Wie erleben Betroffene den Beginn der Krankheit?
Sie spüren, dass sich etwas verändert und sie sensibler werden. Oft entsteht das diffuse Gefühl, dass andere sie komisch anschauen, über sie sprechen oder es auf sie abgesehen haben. Viele ziehen sich zurück. Halluzinationen wie das Hören von Stimmen können zusätzlich auftreten. Dieser Prozess dauert Wochen, manchmal sogar Jahre. Einige Menschen, die an Schizophrenie leiden, verkünden ihre wahnhaften «Offenbarungen» an öffentlichen Plätzen und realisieren nicht, dass andere sie nicht verstehen oder sind der Überzeugung, dass andere sie nicht verstehen wollen.

Manche Drogenkonsumenten hören auch plötzlich Stimmen oder halluzinieren. Leiden auch sie an einer Schizophrenie?
Nein, um von einer Schizophrenie zu sprechen, müssen die Symptome mindestens während eines Monats bestehen. Drogenkonsum kann zu einer akuten Psychose führen, die sich mit ähnlichen Symptomen zeigt wie eine Schizophrenie: Betroffene hören Stimmen, sehen Bilder und haben den Eindruck, dass sie verfolgt werden. Solche Psychosen können aber innert Tagen gut behandelt werden.

Wann tritt Schizophrenie erstmals auf und wer ist davon besonders häufig betroffen?
Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig, wobei die ersten Anzeichen bei Männern oft schon mit 20 Jahren auftreten, bei Frauen erst ab etwa 25 Jahren. Ein zweiter Gipfel zeichnet sich bei Frauen rund um die Menopause ab.

Dr. med. Robert Maier im Interview mit Susanna Steimer Miller

Dr. med. Robert Maier im Interview mit Susanna Steimer Miller

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